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Moscheen in Europa

Im Islam wird zwischen kleineren Gebetsstätten für das tägliche Gebet und größeren Moscheen unterschieden, in denen das Freitagsgebet, die Freitagspredigt und eine Vielzahl anderer Aktivitäten stattfinden. Das tägliche, fünfmalige Pflichtgebet (Salât) kann zwar überall vollzogen werden und ist auch zu Hause ein „gültiges“ Gebet; dennoch bevorzugen Muslime dafür einen entsprechend eingerichteten Raum. Für das gemeinschaftliche Gebet am Mittag des Freitags ist der Besuch einer Moschee für Männer Pflicht.

Bereits für die erste muslimische Gemeinde in Medina wurde nach den Überlieferungen noch zu Lebzeiten Muhammads im 7. Jahrhundert eine Moschee errichtet, die zum Vorbild für alle weiteren Moscheebauten wurde. Da die Moschee am Anfang des Islam stand, ist sie für Muslime aus religionsrechtlichen wie emotionalen Gründen unverzichtbar.

Ausstattung und Funktion der Moschee

Zwischen Synagoge, Kirche und Moschee gibt es wichtige Unterschiede in der Ausstattung und in der Bedeutung. Das Zentrum der Moschee ist der Gebetsraum. Er darf nicht mit Straßenschuhen betreten werden, damit er nicht rituell verunreinigt wird. Die Schuhe werden auf Gestellen am Eingang des Raumes abgelegt oder im Raum selbst so hingelegt, dass die Fußsohle den Boden nicht berührt. Vor dem Pflichtgebet muss eine rituelle Waschung in eigens dafür bestimmten Räumen vollzogen werden. Männer und Frauen sind bei den Waschungen und beim anschließenden Gebet räumlich voneinander getrennt.

Der Gebetsraum ist mit Teppichen ausgelegt. Diese sind häufig quer zur Gebetsrichtung (Qibla) gelegt, damit die Betenden wissen, wie sie sich in Reihen aufzustellen haben. Die Richtung nach Mekka wird durch eine Nische (Mihrab) in der Wand angezeigt. Der Vorbeter (Imam) steht vor dieser Nische. Rechts neben der Gebetsnische befindet sich die Kanzel bzw. der erhöhte „Predigtstuhl“ (Minbar), von dem am Freitagmittag die Predigt gehalten wird. Die Wände des Raumes können mit Ornamenten und Koransprüchen verziert sein. An der Decke können wertvolle Leuchter befestigt sein. An den Wänden können Regale sein, in denen Koranexemplare aufbewahrt werden. Zum Lesen werden diese auf zusammenklappbare Gestelle gelegt. Manchmal hängen an den Wänden Bilder von der Ka’ba in Mekka.
Ansonsten ist der Gebetsraum leer.

Die Moschee hat für Muslime eine andere Bedeutung als eine Kirche bzw. ein Gemeindehaus für Christen. Das hängt damit zusammen, dass die islamische Bewegung von Anfang an nicht nur eine religiöse, sondern auch eine politische Gemeinde war. Muhammad verstand zwar die Moschee in erster Linie als Ort des Gebets, aber sie war auch schon für ihn mehr. In der Moschee wurden von ihm politische Entscheidungen getroffen und Kriegszüge gegen die „Ungläubigen“ geplant und angeordnet. Im Laufe der Jahre entwickelten sich größere Moscheen zu Gebäudekomplexen mit Unterrichtsräumen, Bibliotheken, Gerichten, Krankenstationen, Suppenküchen, 
Pilgerherbergen und Geschäften.

Die Moschee als Ort der Umma

Die Moschee ist ein Versammlungsort der muslimischen Gemeinschaft (Umma) und für eine dauerhafte Nutzung gedacht. Sie darf nicht verlassen, aufgegeben, anderweitig genutzt oder gar verkauft werden. Es gehört zum Selbstverständnis der Umma, dass sie nicht schrumpfen darf, sondern expandieren muss. Deshalb darf kein Muslim die Umma verlassen. Es ist für Muslime schmerzlich, dass es Gebiete gibt, aus denen die Muslime vertrieben wurden und in denen Moscheen verfallen oder gar in Kirchen verwandelt worden sind.

Im modernen Islam gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Moschee lediglich ein Raum für das Gebet oder auch ein Raum für politisches Wirken sein soll bzw. darf. Manche Regierungen islamischer Länder wollen den Gebrauch der Moscheen auf Gebet und Gottesdienst beschränken und sie nicht als Hort politischer Aktivität – zumeist der Opposition – dulden. Aber die Zweckbestimmung der ersten Moschee von Medina lässt sich nicht einfach vergessen machen, sondern behält für viele Muslime ihre Vorbildfunktion.

Deshalb neigen Islamisten – und das sind heute oft die aktiven Eliten – auch in Europa dazu, ihre Moscheen nicht nur als Stätten des Gebets, sondern auch als Orte ihrer politischen und wirtschaftlichen Aktivitäten zu nutzen. Gerade in der Minderheitssituation sind Moscheen auch Kulturzentren, Schulungsstätten und Clubs mit vielen Aktivitäten.

In den islamischen Ländern unterscheidet man staatliche und private Moscheen. In Europa sind die Rechtsträger von Moscheen muslimische Vereine, in denen sich entweder Volksgruppen (z.B. Iraner, Marokkaner oder Türken) oder religiöse Gruppen (Sunniten, Schiiten, Sufis, Ahmadis, Islamisten usw.) zusammengeschlossen haben. Viele türkische Moscheen gehören zu einem Verband (DITIB), der vom türkischen Staat dirigiert und finanziert wird.

In der Moschee und von ihr aus wird Allah als der eine Gott und Herr proklamiert, vor allem durch den Aufruf zum Gebet. Insofern hat eine Moschee immer auch einen demonstrativen Charakter. Sie ist ein Zeichen islamisch verstandener Gottesherrschaft. Es ist nachvollziehbar, dass Muslime das auch in Europa so sehen. Sie freuen sich darüber, wenn eine Hinterhofmoschee durch ein repräsentatives Gebäude ersetzt wird. Für Islamisten ist das mehr als nur ein Zeichen der Präsenz in Europa und der Religionsfreiheit. Für sie kommt in der Moschee auch ein Stück Herrschaft Allahs in feindlicher Umwelt („Haus des Krieges“) zum Ausdruck. Deutlich wird das u.a. an den Namen, die Moscheen gegeben werden. Zum Beispiel wird mit dem Namen „Der Siegreiche“ (Al-Fâtih) an den türkischen Sultan erinnert, der Konstantinopel eroberte. Das entspricht dem Grundverständnis des Islam und einer Grundstimmung, die man in vielen islamistischen Publikationen nachlesen kann.

Staat, Christen und Moscheen

Christen bejahen die Religionsfreiheit auch für Muslime. Sie können aber den Bau von Moscheen schwerlich fördern, da in der Moschee Korantexte rezitiert werden, die gegen die Bibel, gegen Jesus Christus und gegen Christen gerichtet sind. Christen, die sich der Bibel verpflichtet wissen, können die Sache eines Moscheeneubaus nur im Gebet vor Gott bringen. Als Staatsbürger in einem demokratischen Staat haben Christen die Möglichkeit, an der politischen Willensbildung mitzuwirken und über die zuständigen kommunalen Gremien sich beim Moscheebau für solche Lösungen einzusetzen, die dem Frieden in der Gesellschaft dienen.

Ein Moscheeneubau tangiert in erster Linie die politische Gemeinde. Christen erwarten vom Staat, darüber zu wachen, dass in den Moscheen keine Aktivitäten betrieben werden, die der demokratischen Grundordnung entgegenstehen. Sorge machen generell politische Aktivitäten, die auch in der Freitagspredigt thematisiert werden können.

Die rechtliche Lage ist in Deutschland einigermaßen klar. Muslime haben das Recht, Moscheen zu bauen, wenn bestimmte städtebauliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Das gilt auch für Minarette, wenn Stil, Höhe und Lage vertretbar sind. Das Minarett gehört gemäß der islamischen Tradition zu einer Moschee, ist aber nicht unbedingt notwendig. Nach der Tradition dient es dazu, den Aufruf zum Gebet mit menschlicher Stimme von einer erhöhten Stelle aus erklingen zu lassen.

für den Moscheebau, möglichst sogar noch staatliche Unterstützung. Denn seinem Wesen nach ist der Islam auf öffentliche Demonstration seiner Präsenz und Dominanz aus. Das muss nach ihrer Meinung auch an der Größe einer Moschee und in der Höhe und Zahl seiner Minarette sichtbar werden. In islamischen Ländern wird deshalb darauf geachtet, dass die Moscheen größer als die Kirchen und die Minarette höher als die Kirchtürme sind. Manche Muslime hätten das natürlich auch gern in Europa. Es ist verständlich, dass viele Nichtmuslime ablehnend auf solches Ansinnen reagieren. In den Auflagen durch den säkularen Staat sehen fundamentalistische Muslime aber bereits eine Einschränkung. Sie wollen volle Freiheit

Die politische Gemeinde tut gut daran, an ihren Grundsätzen von Demokratie und Rechtstaatlichkeit festzuhalten. Sie darf sich von Muslimen nicht mit angeblich religiösen Bestimmungen erpressen lassen. Es ist wichtig, dass die politische Gemeinde hier Festigkeit zeigt. Denn die Gleichheit und Freiheit aller Bürger beruht darauf, dass alle etwas von ihrer Freiheit abgeben. Muslime haben volle Freiheit zur religiösen Betätigung im Innern der Moschee, aber in ihrer Außenwirkung unterliegt auch eine Moschee den vom Staat gezogenen Grenzen.

Vor allem muss die politische Gemeinde wachsam sein, wenn Moscheebauten von radikalen islamischen Gruppen geplant werden. Die Religionsfreiheit darf nicht für radikale politische Agitation ausgenutzt werden. Muslime haben vielfach unter dem Vorwand religiöser Betätigung politische Ziele verfolgt. Das kann nicht im Sinne einer freiheitlichen Demokratie sein.

Spezielle Probleme sind der Minarettbau und der heute normalerweise mit Lautsprecher verstärkte Gebetsruf. Engagierte Muslime argumentieren, dass das Minarett nicht nur zur traditionellen Bauweise gehört, sondern auch für den Gebetsruf bestimmt ist. Das ist allerdings nicht ganz richtig. Es gibt auch Moscheen ohne Minarett. Hinzu kommt, dass in einer modernen Stadtkultur der Gebetsruf mit menschlicher Stimme nicht gerade sinnvoll ist. Die Lautsprecherverstärkung wird auch von manchen Muslimen kritisch gesehen. Muslime sollten deshalb die Einladung zum Gebet im Innern der Moschee ertönen lassen. Für die Einladung von Nichtmuslimen in die Moschee haben sie in der modernen Kommunikationsgesellschaft andere Möglichkeiten.

Manche Christen scheuen sich, Moscheen zu betreten und mit Muslimen Kontakt aufzunehmen. Um die Scheu zu überwinden, ist es hilfreich, eine Moschee in innerer Verbindung mit Jesus Christus zu betreten und Gott zu bitten, mit den hier angetroffenen Menschen in ein Gespräch über den Glauben zu kommen. Ein Moscheebesuch kann helfen, emotionale Vorurteile gegenüber Muslimen abzubauen und die muslimischen Nachbarn in ihrer Menschlichkeit besser wahrzunehmen. Der einzelne Christ sollte sich auf das seelsorgerlich helfende Gespräch mit seinen muslimischen Nachbarn konzentrieren und, falls es angebracht erscheint, sie in seine Gemeinde einladen.

Christliche Gemeinde und Moscheegemeinde

Jeder Moscheeneubau und jede neue Moscheegemeinde sind eine geistliche Herausforderung an die christlichen Gemeinden der Umgebung. Um ihr zu begegnen, ist es hilfreich, dass sich die christlichen Gemeinden über den Islam und seine Gemeindestrukturen informieren. Auf der Ebene der Gemeindeleitung können mit der Leitung der Moscheegemeinde Kontakte aufgenommen werden. Glaubensfragen können dabei offen angesprochen werden. Es ist aber nicht gut zu heißen, wenn Christen anonym vor dem Eingang zu einer Moschee christliche Traktate verteilen. Das wird von Muslimen als Hinterhältigkeit verstanden und schafft von vornherein Misstrauen. Dagegen können Kontakte auf der Leitungsebene Vertrauen auf der mitmenschlichen Ebene schaffen.

Es kann sein, dass eine Moscheegemeinde nach außen Kontakte sucht und die benachbarte christliche Gemeinde einlädt. Wenn die christliche Gemeinde sich darauf einlassen will, ist es sinnvoll, dass dies durch eine ausgewählte und gut vorbereitete Gruppe geschieht. Man wird diese nicht nur bewirten, sondern ihr auch den Islam demonstrieren wollen, z.B. durch das rituelle Gebet. Die besuchende Gruppe sollte darauf achten, dass umgekehrt auch Angehörige der Moscheegemeinde zu einem Besuch in die christliche Gemeinde kommen. Die Gemeindeleitung sollte Wert darauf legen, dass die muslimischen Gäste Informationen über den Ablauf des Gottesdienstes als Kernstück des Gemeindelebens erhalten. Vielleicht ergibt sich daraus ein tieferes Gespräch. Die christliche Gemeinde kann durch die Begegnung mit einer Moscheegemeinde lernen, vor Ort missionarisches Leben und Handeln einzuüben.

Autor dieser Ausgabe: Eberhard Troeger
Stand: Juni 2008