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Was kommt nach dem Tod?

Die Heils-UN-Gewissheit im Islam

Verspricht der Koran nicht den Gläubigen (Muslimen) das Paradies nach dem Tod?

Werden nicht die Märtyrer sofort ins Paradies eingehen, wenn sie ihr Leben für den Glauben geopfert haben?

Auf der einen Seite scheint der Koran allen, die an Gott, den Schöpfer und Richter und an Muhammad, seinen Gesandten und Propheten glauben und das tun, was er geboten hat, das Paradies zu versprechen. Der Koran weist an vielen Stellen darauf hin, dass die, die „glauben und tun, was recht ist“ (2,25), die „Gottesfürchtigen“ (oder „Gerechten“, 52,17) in die „Gärten der Wonne“ eingehen (56,25) werden, in das Paradies. Deshalb hoffen Muslime auf das Paradies. Aber was weiß man davon mit Bestimmtheit?

Das Paradies nach Koran und Überlieferung

Das Paradies wird im Koran in leuchtenden Farben geschildert. Es ist dort vom Genuss von Früchten (55,68) und Fleisch die Rede, von Wasserquellen, Milch, Honig und Wein (47,15), der nicht berauscht. Die Gläubigen tragen Goldschmuck und Gewänder aus Brokat und Seide (35,33; 18,31), und Gott verheißt den Gläubigen „großäugige Huris als Gattinnen“ (44,54; 56,22).

Aber es geht im Paradies nicht nur um materielle Dinge: Die Gläubigen werden dort weder von „Geschwätz“ noch von „Lüge“ oder „Sünde“ betroffen (78,35). Sie werden nur „Heil!“ hören (19,62), denn das Paradies ist die „Behausung des Heils“ (6,127). Niemand ist im Paradies mehr traurig (35,34), es gibt keine Mühsal und Ermüdung mehr (35,35). Die Gläubigen loben Gott (10,10) in Ewigkeit (44,56) und verspotten die Bewohner der Hölle, die während ihres Erdenlebens auf die Gläubigen herabgesehen haben (83,29–35; 37,50–61).

Die Seligkeit des Paradieses umfasst auch die Nähe und „das Wohlgefallen Gottes“, was der Koran selbst höher bewertet als alle materiellen Genüsse (3,15; 9,72). Sure 75,22f könnte sogar so gedeutet werden, dass die Gläubigen vielleicht Gott selbst schauen werden; hier gehen die Anschauungen unter muslimischen Theologen allerdings auseinander.

Zwei Bedingungen für die Errettung

Das Paradies erwartet also diejenigen, die „glauben und tun, was recht ist“ (2,25), die Hölle dagegen die Ungläubigen und Frevler. Hieraus ergibt sich eine zweifache Bedingung für die Errettung: Der Glaube und das rechte Tun, also die guten Taten, die nach muslimischer Vorstellung im Jüngsten Gericht auf einer Waage gewogen werden. Nur wenn im Gericht die guten Taten eines Menschen seine schlechten überwiegen, wird er Eingang ins Paradies finden. Damit erhalten die „guten Taten“ neben dem Glauben ganz entscheidendes Gewicht. Wer wenig gute Taten tun und z. B. die fünf Säulen des Islam nicht treu erfüllen kann (Bekenntnis zu Gott, täglich fünf Gebete auf arabisch, Fasten im Ramadan, Almosen, Wallfahrt nach Mekka), weil er arm oder behindert ist oder als Frau über kein eigenes Geld für Almosen verfügt, oder die vorgeschriebenen Gebete nicht auf Arabisch kennt, der mag zwar manchmal darauf hoffen, dass Gott von ihm nicht mehr verlangt, als er erfüllen kann, wie die Überlieferung sagt, kann aber im Einzelfall dennoch wenig Hoffnung darauf haben, dass Gott ihm am Ende seines Lebens gnädig sein wird. – Nur denjenigen, die im Djihad, dem Einsatz für die Sache des Islam, ihr Leben lassen, verspricht der Koran unmittelbar Eingang ins Paradies.

Zwar fordert die Bibel die Gläubigen auch auf, als Frucht des Glaubens gute Werke an Glaubensgeschwistern, Mitmenschen und sogar Feinden zu tun (Galater 6,10), jedoch sind diese Werke Auswirkungen des Glaubens und des Wirkens des Heiligen Geistes, aber nicht Vorbedingung zum Heil. Deshalb wird auch ein Christ, der niemals die Gelegenheit hatte, etwas Gutes zu tun (wie der Schächer am Kreuz) allein aufgrund seines Glaubens gerettet. Ein Christ, der wenige gute Werke tun konnte, wird ebenso „allein aus Gnaden“ errettet wie der Christ, der ein vorbildliches Leben geführt und viel Gutes getan hat (Römer 5,1–2; Galater 3,11–14). Vertrauen auf Gott ist jedermann möglich, dem Alten, dem Kranken, dem Armen, dem, der eine bestimmte Sprache oder vorgeschriebene Riten nicht kennt, Frauen, Männern und Kindern.

Wenn im Islam die guten Taten jedoch von so großer Bedeutung sind, muss daraus ganz zwangsläufig große Unsicherheit im Hinblick auf die Errettung folgen: Wer kann schon sagen, ob er „genug“ Gutes getan hat und wie schwer vor Gott seine Sünden im Vergleich zu den guten Taten wiegen? Deshalb muss eigentlich immer die Angst und Sorge bestehen, nicht genug Gutes getan zu haben, denn jeder Mensch tut Böses. Und jeder Mensch versäumt, Gutes zu tun. Wer könnte mit einer solchen Unsicherheit wohl voll Zuversicht in den Tod gehen und Gewissheit über Gottes Vergebung haben?

Gottes unbegrenzte Allmacht

Hier kommt noch ein zweiter Punkt islamischen Denkens hinzu: Die Allmacht und unumschränkte Entscheidungs- und Handlungsgewalt Gottes. Diese Allmacht Gottes macht es unmöglich, dass das Handeln Gottes – und auch seine Entscheidungen im Jüngsten Gericht – für den Menschen vorhersagbar wären:

Da Muslime davon ausgehen, dass Gott allmächtig ist und niemand je sein Wesen erfasst und erkannt hat, kann niemand mit Gewissheit sagen, ob Gottes Barmherzigkeit, seine Güte und Gnade, von der der Koran spricht, beim einzelnen zur Anwendung kommen, oder ob Gott ihm am Ende der Tage doch zürnen wird. Darüber wird der Mensch erst nach seinem Tod die letzte Gewissheit erlangen können, vorher nicht. Gottes Verhalten ist niemals vorhersagbar, sonst würde er sich ja auf eine menschliche Ebene begeben und in menschliche Vorstellungen hineinpressen lassen. Und nicht zuletzt ist Gott, wie der Koran ihn beschreibt, auch ein listiger Gott: er schmiedet die besten Ränke und ersinnt Listen: „Gott ist voller Tücke“ (13,13). Die Ungläubigen „schmieden Ränke. Aber Gott schmiedet Ränke. Er kann es am besten“ (8,30). Gottes Handeln entzieht sich also menschlicher Erkenntnis, und niemand hat je das Wesen dieses listenreichen Gottes erfasst. Niemand kann ihm mit seinen schlechten Taten etwas Böses zufügen, und niemand kann mit seinen guten Taten an ihn heranreichen, denn Gott ist im Islam absolut transzendent und von der Schöpfung getrennt: „O ihr Menschen! Ihr seid es, die arm und auf Gott angewiesen sind. Gott aber ist es, der auf niemand angewiesen und des Lobes würdig ist“ (35,15).

Die Bibel spricht dagegen immer wieder davon, dass jeder Mensch über die Sündenvergebung und Errettung durch Jesus Christus Gewissheit erlangen kann. Die absolute Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit der Zusagen Gottes, wenn er Menschen von ihren Sünden errettet – und nicht seine Listen und Ränke, über die er die Menschen im Unklaren lässt – sind ein ganz grundlegender Bestandteil biblischer Heilslehre. Ja, Gott lässt sich von uns, seinen Geschöpfen, prüfen, ob er zuverlässig ist (Maleachi 3,10–11), und auf seine Verheißungen festlegen, denn „Was Gott zusagt, das hält er gewiss“ (Psalm 33,4).

Deshalb: Bei der Frage nach Sündenvergebung und Errettung liegen Möglichkeiten zum evangelistischen Gespräch mit Muslimen. Wenn die Bibel uns Christen als Kinder des liebenden, himmlischen Vaters beschreibt, der für sie stets das Beste will, so wird damit sehr viel über absolutes Vertrauen, Geborgenheit und Gewissheit in der Beziehung zu Gott ausgesagt (Römer 8,15). „Wer ist ein Gott wie du, der Schuld vergibt und Vergehen verzeiht dem Überrest seines Erbteils! Nicht für immer behält er seinen Zorn, denn er hat Gefallen an Gnade. Er wird sich wieder über uns erbarmen, wird unsere Schuld niedertreten. Und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen“ (Micha 7,18–19), „denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde. Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebräer 4,15–16). Weil Gott unser Versagen kennt und versöhnt, sind wir befreit vom Zwang, vor Gott nur mit guten Taten bestehen zu können. Nein, auch mit unserem Versagen nimmt Gott uns an, wenn wir ihn um Vergebung bitten. Das ist eine froh- und freimachende Botschaft, auch für Muslime!

Autorin dieser Ausgabe: Prof. Dr. Christine Schirrmacher
Stand: Oktober 2007